21. Januar 2022

“Ohne Data Science wirst du dein Unternehmen nicht zum Erfolg führen” – Anna Hannemann über das Potential von Daten, die Umsetzung erster Cases und Datenprodukte, die für Mehrwert im Unternehmen sorgen

 

Anna Hannemann ist Domain Owner für Data Science bei Metro Digital. Somit verantwortet sie alle Data Science Initiativen und weiß bestens über die Einführung von Data Science Produkten im Unternehmen Bescheid. In dieser Folge des Podcasts “My Data is better than Yours” gibt sie Auskunft darüber, wie der Einstieg ins Data Business gelingen kann, worauf man bei der Etablierung im Unternehmen achten sollte und welche Datenprodukte für den Anfang Sinn machen. Außerdem schätzt sie die aktuelle Lage des Marktes ein und verrät, worauf es im Umgang mit Daten wirklich ankommt.

Anna hat Informatik studiert und im Bereich Data Science promoviert. Danach hat sie unter anderem als Product Managerin bei Zalando Erfahrungen in der Software Entwicklung sammeln können. Nun ist sie bei Metro Digital, der Tochter der Metro AG, tätig. Und das mit Erfolg: Sie und ihr Team haben bereits 5 digitale Produkte zu Leitprodukten gemacht.

Ihrer Meinung nach gehen viele Unternehmen falsch an die Einführung von Data Science Produkten heran. “Sie fangen an, ohne Ende Leute einzustellen”, erklärt sie. Im Kontext großer Unternehmen würde die Expertin für Data Science jedoch mit dem Anbieten von Workshops beginnen und potentielle Usecases sammeln. Sind die Usecases dann einmal da, sollte ihr Potential bewertet werden. Usecases stellen Annas Meinung nach den Starting Point dar. Nur durch diese kann entschieden werden, welche Qualitäten in Bezug auf das Personal benötigt werden, wie viele Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter notwendig sind und welche Technologie sich eignet. Usecases geben hierfür Guidance, dadurch kann auch Marketing für Projekte betrieben werden. “Wenn du keine Usecases hast, wirst du die Leute nicht für dich gewinnen”, ist sich Anna sicher.

Natürlich muss Mehrwert durch Usecases geschaffen werden. Doch inwiefern kann man sich vorbereiten um diesen gewährleisten zu können? Anna stellt sich am Beginn jedes Usecases folgende Fragen: Zuerst einmal geht es darum, zu eruieren, wie groß der Usecase wirklich ist. Außerdem muss festgestellt werden, um wie viele Instanzen es geht. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass es genügend Daten gibt. Es gibt Fälle, in denen die Daten zwar vorhanden sind, aber leider nur restriktiv. Und ein weiterer wichtiger Punkt: Dringend wird jemand von der Business Seite gebraucht, der das Projekt mitträgt.

Jonas erwähnt, dass es ebenso wichtig ist, sich die Frage zu stellen, ob eine interne oder externe Lösung mehr Sinn macht. Insbesondere wenn es sich um Advanced Aufgaben handelt, ist das der Fall. Baut man solche auf, ist es wichtig, sich zu versichern, dass es auch eine Freigabe diesbezüglich gibt. Außerdem muss die richtige Technologie gefunden werden und festgestellt werden, wie die Daten hinein kommen und wie sie hinten rausgeschoben werden können.

An dieser Stelle rät Anna dazu, sich vor der Beschäftigung mit Usecases zu vergewissern, welche Technologie der Enduser verwendet. “Wenn jemand am Ende anhand von Excel-Dokumenten Entscheidungen trifft, dann könnt ihr die Ansprüche an die Pipeline reduzieren”, erklärt die Expertin.

Geht es zu Beginn darum, mit Usecases manuellen Aufwand zu reduzieren und Ressourcen freizuschaufeln oder darum, den Mehrwert nach außen zu kommunizieren? Anna ist klar für zweiteres und stolz auf alles, was bisher bei Metro Digital erreicht wurde. Als sie dort ankam, gab es so gut wie keine Data Science, zu Beginn forcierten sie Verbesserungen im Marketing. Sie setzen auf Recommender Systems, ihr erstes Produkt stammt aus diesem Bereich. Nutzt eine Kundin bzw. ein Kunde  den Online Shop und sucht nach einem bestimmten Produkt, erscheint das allseits bekannte “Leute, die das gekauft haben, haben auch XY gekauft”. So konnten Anna und ihr Team ihre Reputation aufbauen. Jonas bezeichnet diese Projekte, die zum Aufbau dieser führen sollen, als “Leuchtturmprojekte”.

Für die allerersten Recommenders haben Anna und ihr Team circa 4 Monate benötigt. Als die Datenexpertin einstieg, gab es schon ein CRM Framework mithilfe dessen relevante Angebote berechnet wurden. Diese wurden dann in Newslettern verschickt, all das geschah aber auf manuelle Weise. Anna war sich im Klaren darüber, dass es an der Zeit war, upzuscalen. So wurden alle Vorkehrungen getroffen, die das direkte Abrufen vom Onlineshop ermöglichen. Das erlaubt es zu skalieren.

Bei all dem gilt die Devise “Enough is enough”. Es gibt immer Leute, die gern noch eine Schleife drehen und stets erpicht darauf sind, ständig weitere Aspekte zu verbessern. So gibt sie den Hörerinnen und Hörern einen Tipp: “Wartet nicht zu lange!” Anna möchte nicht darauf warten, dass ein externer Consultant in die Firma kommt und schließlich die Lorbeeren einheimst. “Entweder wir wagen es jetzt oder warten zwei Monate und dann wird der Kuchen mit jemand anderem geteilt”, ist sie sich sicher. Und sie hat einen weiteren Hinweis: “Nimmst du es nicht live, optimierst du es immer mit Offline Metriken”. Und das hat zur Folge, dass nicht das reflektiert wird, was die Kundin bzw. der Kunde denkt.

Jonas sieht in der Genauigkeit vieler Analystinnen und Analysten sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche: Zu testen, ob etwas funktioniert, ist aber unumgänglich.

Anna sieht eine weitere Schwierigkeit. Sie hat häufig das Gefühl, dass das Business schon in Hinblick auf den ersten Versuch Erfolg erwartet. Das Misstrauen ist häufig groß, es wird einiges erwartet.

Die Datenexpertin hinter Metro Digital weist im Zuge des Podcasts auf zwei verschiedene Arten von Recommenders hin. Der erste geht in die Breite, es geht um das sogenannte Cross Selling. Sucht eine Kundin bzw. ein Kunde beispielsweise nach Kaffee, erscheinen Vorschläge für Zucker und Milch. So wird diese bzw. dieser dazu inspiriert, mehr zu kaufen. Schließlich gibt es noch die Alternative Recommenders. Ist beispielsweise eine Wimperntusche out of stock, wird eine Alternative angezeigt.

Ein weiteres Datenprodukt, das schon zu Beginn klaren Mehrwert schafft, ist die Journey Prediction. Dabei geht es unter anderem darum, vorherzusagen, wer in den nächsten drei Monaten aufhören wird zu kaufen. So kann früh genug entgegengewirkt werden, beispielsweise durch Newsletter mit Rabatt. Ein weiterer spannender Usecase sind die Ranked Promotions. Die Liste der im Online Shop verfügbaren Produkte ist individuell nach den Präferenzen der jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer geordnet. So bekommt eine Pizzeria also beispielsweise Vorschläge für Käse oder ein Cafe Vorschläge für Kekse.

Seit ein paar Jahren ist Data Science ein überaus gehyptes Thema. Laut Studien laufen dennoch etwa 70 Prozent aller Initiativen ins Leere, unter anderem weil zu wenig Support vom Management vorhanden ist. Die Wertigkeit ist branchenabhängig zu beurteilen, Anna stuft sie aber auf einer Skala von 1 bis 10 auf einer 3 ein. “In Zukunft wird sie aber auf eine 6 oder 7 hochklettern”, ist sie sich sicher. Sie ist überzeugt davon, dass Data Science in Zukunft für den Erfolg eines Unternehmens essentiell sein wird. Derzeit ist das aber noch bei vielen Unternehmen nicht angekommen: Anna geht von etwa 70 Prozent aus, die sich darüber noch nicht im Klaren sind.

Am Ende dieser Folge angelangt, hat Anna noch einen Tipp an alle Hörerinnen und Hörer. Nachdem sie im Unternehmen zahlreiche Statistiker und Mathematiker eingestellt hatten, wurde schnell etwas klar: Das lokale Schreiben von Modellen am Laptop war für diese kinderleicht, schwierig war es, sich mit Themen wie Monitoring, Skalierung, Maintenance und Infrastruktur zu befassen. “Wir haben schnell erkannt, dass wir nicht nur reine Data Scientists brauchen, sondern auch Leute, die es in Produkt bringen”, erklärt Anna. Sie meint damit Machine Learning Engineers, die ebenso Mehrwert fürs Unternehmen bringen. So geht Anna davon aus, dass im Zuge eines Projektes “drei Machine Learning Engineers auf einen Data Scientist kommen”.

Natürlich hat Anna auch im Privatbereich Interesse an Daten. So findet sie Gefallen daran, Aussagen zu recherchieren und zu belegen. Die aus der Ukraine stammende Datenexpertin ist in russischsprachige Diskussionen involviert, in denen Corona-Verschwörungstheorien oft Gesprächsthema sind. Auch hier versucht sie, mithilfe der Recherche echter Daten datenbasierte Aussagen zu treffen.

“Starte nicht morgen, sondern heute”, rät sie den Hörerinnen und Hörer und bietet ihnen an, sie jederzeit bei Fragen zu kontaktieren.

Kapitelmarken
  • 00:00 Intro und Begrüßung
  • 01:29 Vorstellung Anna Hannemann
  • 03:46 Usecases als Starting Point
  • 06:09 Drei Fragen, die man sich vor der Bearbeitung eines Usecases stellen sollte
  • 08:49 Was außerdem geklärt werden muss
  • 12:16 Manuellen Aufwand reduzieren oder klassischen Mehrwert generieren: Was ist wichtiger?
  • 12:47 Recommender Systems als erste Datenprodukte
  • 15:22 Zeitaufwand für erste Cases
  • 17:25 “Enough is enough”
  • 22:48 Weitere erste Datenprodukte mit Mehrwert
  • 30:48 Data Science quo vadis?
  • 32:17 Wie viele Unternehmen machen wirklich Data Science?
  • 33:37 Warum Machine Learning Engineers so wichtig sind
  • 36:22 Was macht Anna privat mit Daten?
Starten Sie digital mit uns durch. Starten Sie digital mit uns durch.




    captcha