Im asiatischen Raum schon seit längerer Zeit nicht mehr wegzudenken, im europäischen Markt immer wichtiger werdend: Live Shopping ist ein erfolgsversprechender Trend im E-Commerce. Gemeinsam mit seinem Gast und Kollegen Yassin Hamdaoui klärt Jonas Rashedi in seinem Podcast „My Data is better than Yours“, worin das Erfolgsgeheimnis dieses aktuellen Phänomens liegt und stellt sich außerdem der Frage, warum es so wichtig ist, Produktdaten zu pflegen.
Yassin ist seit über 2,5 Jahren für Douglas tätig und leitet als Head den Internationalen Shop-Content und die Abteilung “Data Management und Data Enrichement“. Seine Kernaufgaben im Bereich des Shop-Contents liegen darin, Content in die Customer Journey zu integrieren, User Generated Content zu produzieren sowie neueste Trends wie Live Shopping abzubilden. Im Data Management-Bereich ist er für Bereiche wie die Kategoriestruktur des Environments und die Produktdatenanlage verantwortlich.
Douglas ist vor 2,5 Jahren in den Live Shopping-Bereich eingestiegen. Erste Projekte wurden durchgeführt, der europäische Markt war aber zu dieser Zeit noch nicht so weit wie der chinesische Markt, der das Potential des Live Shoppings schon früh erkannt hatte. Durch den Lockdown wurde das vielversprechende Format wieder neu ausgerollt und relativ schnell umgesetzt. Und das äußerst erfolgreich: Bald schon wurde das Konzept dauerhaft integriert. Jetzt ist es unkompliziert und einfach, aus User- oder Livestream-Perspektive bei Douglas live zu gehen. Dank der Zusammenarbeit mit einem Berliner Startup wurde eine App entwickelt, die nun auch in vier weiteren Ländern zum Erfolgsmodell Live Shopping beiträgt. Jonas ist sich sicher, dass die Einführung die Mühe wert war, die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt.
Yassin merkt an, dass Douglas in den letzten Jahren viel Content integriert hat. Es wurden verschiedenste Formate ausprobiert, wie beispielsweise „Douglas fragt“. Hier wurden Kundinnen und Kunden in den Stores dazu gebeten, an Düften zu riechen und das Dufterlebnis anschließend zu beschreiben. Live Shopping erlaubt eine One-to-many-Interaction, Kundinnen und Kunden können live Fragen stellen. In einer Zeit, in der man viel zuhause ist, gewinnt dies natürlich an Attraktivität. Laut Yassin ist Live Shopping aber kein Corona-Phänomen, sondern eine stets aktuelle Ergänzung zu bestehenden Sales-Kanälen. Die Möglichkeit des Live Streamings wurde auf Instagram Live, Twitch oder beispielsweise TikTok schon länger genutzt, Retailer befassten sich aber lange Zeit nicht wirklich damit.
Es geht hier nicht um klassische Marketing Assets, sondern um Authentizität. Kundinnen und Kunden brauchen Content, der ein Produkt genau erklärt und dabei hilft, einen Eindruck davon zu bekommen. Lange Zeit war YouTube die stärkste Quelle für Unboxing-Videos, Tutorials oder Blogs. Nun möchte auch Douglas als Content-Plattform dienen. Es geht nicht nur um die Produkte im klassischen Sinne, sondern auch um den informativen Part. Wenn beispielsweise jemand wissen möchte, was Hyaluronsäure ist, so Yassin, soll sie oder er zuerst an Douglas denken. Douglas soll so zum „nächsten Wikipedia für Beauty werden“, wie Yassin es formuliert. Fundierte Expertise ist im Offline-Bereich schon lange vorhanden, nun wird diese auch online zur Verfügung gestellt.
Yassin hebt die Vorteile durch das Erwähnen eines interessanten Beispiels weiter hervor: Viele Männer wollen das äußere Erscheinungsbild durch Make-Up verändern (zum Beispiel Unreinheiten vor Präsentationen abdecken) und haben Probleme damit, mit diesem Wunsch an die Öffentlichkeit zu treten. Es ist eine große Hürde für sie, in Stores Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzusprechen. Außerdem ist es ihnen teilweise unangenehm, vor anderen Kundinnen und Kunden Make-Up aufgetragen zu bekommen. Hier bietet Live Shopping zahlreiche Vorteile. Fragen können anonym gestellt werden, es werden aus erster Hand Tipps gegeben. Produkte können direkt gekauft werden, Streams können aber auch ein weiteres Mal angesehen werden. Yassin kann deshalb die Beliebtheit nachvollziehen und versteht, warum Live Shopping im asiatischen Raum so gern genutzt wird. Live Shopping hat bereits 10 Prozent des E-Com-Anteils in China.
Jonas spricht mit seinem Gast Yassin auch über Produktdaten. Der Umgang damit variiert von Branche zu Branche. Multi-Label-Unternehmen wie Zalando erstellen eigene Produktdaten, schießen eigene Fotos und texten jedes Produkt selbst. Dies verschiebt natürlich auch den Live-Gang eines Produktes um einen nicht zu unterschätzenden Zeitraum.
Themen wie Stammdaten oder Kategorisierung spielen eine immer wichtigere Rolle in Unternehmen. Sind die Produktdaten nicht ausreichend, ist schnell ein Limit erreicht, an dem es technologisch (bei Personalisierung oder beispielsweise Segmentierung) nicht mehr weitergeht. Die Arbeit mit Produktdaten ist zeitintensiv. Viele Unternehmen spüren das Verlangen nach Automatisierung und Machine Learning. Es muss die Grundbasis der Daten gefixt werden, um technologischen Erfolg gewährleisten zu können. Nicht viele Unternehmen sind sich dessen bewusst, meist sind nur wenige Daten in Produktdaten gepflegt, oft handelt es sich nur um Kopien.
Die Wichtigkeit dieser Produktdaten erklärt Yassin anhand eines Beispiels. Für viele Kundinnen und Kunden ist die Bürstenart bei Mascaras relevant. Sie würden gerne Infos darüber am Produkt sehen. Wenn diese Info aber nicht am Produkt gepflegt ist, ist das aber oft unklar. Dank genauer Produktdaten kommt es außerdem zu Learnings. Beispielsweise wird so klar, welche Bürstenform sich gut verkaufen lässt. Themen können konkretisiert werden, eventuell können so auch Zielgruppen definiert werden. In anderen Worten: Insights können daraus gezogen werden.
Worauf sollte man also in Hinblick auf gute Produktdaten achten? Yassin ist der Meinung, dass es für kleinere Fashionstores nicht unbedingt nur um Produktdaten geht. Es geht vielmehr darum, wie sich das Sortiment von der Masse abgrenzt. Wichtig ist es außerdem, sich Gedanken über die Ausrichtung zu machen. Will man die Ware über einen Market Place anbieten, ist es relevant zu wissen, wohin das Produkt kategorisiert wird. Wichtig ist es auch, sich damit auseinanderzusetzen, wie das Produkt gut in größere Plattformen integriert werden kann. So muss an Standards gedacht werden, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Natürlich spielen auch in Yassins Privatleben Daten eine wichtige Rolle. Das Thema Daten begleitet Yassin auch bei jedem Supermarktbesuch. Oftmals erhält er Werbung für ein bestimmtes Produkt, wenn er dieses zuvor über Apple Pay gekauft hat. So kommt es nicht selten vor, dass sein Smart-TV Werbung für genau das Eis anzeigt, was er kurz zuvor erworben hat. Yassin ist der Meinung, dass hier noch viel Optimierungsbedarf besteht. Dennoch steht er dem Ganzen sehr positiv gegenüber, da das Ausrichten auf seine Interessen natürlich klare Vorteile mit sich bringt.