In einem früheren Artikel habe ich aufgezeigt, welche Schritte es braucht, um ein Unternehmen datengetriebener zu gestalten. Der Prozess orientiert sich stark an den operativen Aufgaben der Datensammlung, Datenverarbeitung und der Datenanalyse. In diesem Beitrag geht es mir darum, Erfolgsfaktoren aufzuzeigen, die es braucht, damit eine Data Driven Marketing-Strategie auch in die Umsetzung kommt und nicht im Sande verläuft. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Strategien im Digitalbereich scheitern, ist laut McKinsey hoch.
Der Weg zu einem datengetriebenen Unternehmen stellt einen Change-Prozess dar. Veränderungen können in einem Unternehmen aber nur dann nachhaltig verankert werden, wenn das Topmanagement mit im Boot ist. Die Involvierung des Topmanagements ist auch aus einem inhaltlichen Grund unabdingbar: Die in Zusammenhang mit der Kundenreise anfallenden und zu analysierenden Daten fallen in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens an. Insofern muss der initiale Anstoß von ganz Oben kommen, um alle Bereiche einzubinden.
Nach dem Startschuss durch das Topmanagement gilt es in einem zweiten Schritt ein Team zusammenzustellen. Denn für die Umsetzung einer datengetriebenen Marketing-Strategie benötigen wir trotz aller Unterstützung durch Software und KI nach wie vor Menschen. Dabei geht es nicht nur um analytische Fähigkeiten. Vielmehr kommt es darauf an, Mitarbeiter zu finden, die über ihren eigenen Tellerrand hinausschauen können und auch wollen: Es braucht also nicht nur Datenanalysten, diese müssen auch die Bereitschaft und die Fähigkeit aufweisen, zu verstehen, wie sich die Kundenreise im Unternehmen gestaltet, welche Besonderheiten es gibt und wo die Hebel zur Zielerreichung liegen. Neben den Analysten brauchen wir aber auch Fachleute aus dem Bereich Marktforschung, operatives Marketing und Vertrieb, die sich mit Daten auseinandersetzen wollen.
Wenn wir das Topmanagement im Boot und das Team zusammengestellt haben, müssen wir uns darüber klar werden, in welcher organisatorischen Struktur wir im datengetriebenen Marketing arbeiten wollen. Möglichkeiten einer organisatorischen Umsetzung sind:
Die Wahl der Umsetzungsvariante hängt dabei von unternehmensbezogenen Rahmenbedingungen ab. Gehen wir z. B. von einem international agierenden Unternehmen mit Ländergesellschaften aus, so bietet sich ein Center of Excellence an. Dieser Ansatz umgeht die Notwendigkeit, in jeder der Ländergesellschaften (redundante) Strukturen und Prozesse zu etablieren.
Ohne Ziele keine Strategie: Denn eine Strategie ist nur der Weg zum Ziel. Also müssen wir Ziele festlegen. Diese sollten konkret genug sein, damit ein gemeinsames Verständnis der Ziele besteht, gleichzeitig aber auch berücksichtigen, dass sich die Rahmenbedingungen für das datengetriebene Marketing mit einer hohen Dynamik ändern. Inhaltlich hat es sich als clever herausgestellt, nicht nur Ziele für das mit dem datengetriebenen Marketing beauftragte Team festzulegen, sondern Ziele in Zusammenhang mit dem datengetriebenen Marketing unternehmensweit zu verankern, also z. B. in den Bereichen Marketing und Vertrieb sowie auf der Ebene des Gesamtunternehmens. Dies kann jedoch nur funktionieren, wenn das Topmanagement involviert und engagiert ist (siehe den ersten Erfolgsfaktor).
Als Datensilos bezeichnen wir einen Zustand, bei dem die einzelnen Bereiche im Unternehmen über jeweils eigene Datensammlungen verfügen und die jeweils anderen Bereiche keinen oder nur begrenzten Zugang zu diesen Daten besitzen. Die Existenz von Datensilos kann verschiedene Ursachen haben, bspw. die Datensammlung an unterschiedlichen Customer Touchpoints durch verschiedene Bereiche des Unternehmens. Datensilos können aber auch absichtlich angelegt worden sein, z. B. aus Datenschutzgründen. Zur Umsetzung eines datengetriebenen Marketings gilt es nun, diese Silos aufzubrechen und die unterschiedlichen Datenbestände zusammenzuführen. Dadurch kann ein Kunde umfassend betrachtet werden. Möglich wird dadurch u. a. ein Matching zwischen Online- und Offlinedaten. So kann ein Unternehmen im besten Fall einem Offline-Kunden ein Online-Profil zuordnen.
Die Sammlung und Auswertung von Daten ist kein Selbstzweck. Ganz im Gegenteil: Während eines jeden einzelnen Prozessschrittes im datengetriebenen Marketing sollte den Mitarbeitern der Zweck der Datensammlung und -analyse klar sein. Letztendlich wollen wir den Kunden besser verstehen. Die gewonnenen Daten sollen dabei unterstützen, das Verhalten der Kunden zu verstehen, unterschiedliche Käufergruppen zu identifizieren und zu lernen, was die einzelnen Gruppen interessiert, was sie kaufen und wie die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses erhöht werden kann. Sind die einzelnen Käufergruppen identifiziert, können in einem weiteren Schritt personalisierte Inhalte erstellt werden, also z. B. eine individuelle Ansprache für die Käufergruppen oder individualisierte Startseiten der eigenen Webseite.
Um Datensilos aufzubrechen, hat ein Unternehmen mehrere Möglichkeiten: Strukturell können die Datenbesitzer in ein Team zusammengefasst werden. Ablauforganisatorisch besteht die Möglichkeit zur Implementierung bereichs- und abteilungsübergreifender Prozesse. Und schließlich können Silos auch durch die Implementierung gemeinsam genutzter Software-Lösungen oder durch die Zusammenführung der in den einzelnen Bereichen erhobenen Daten in eine zentrale Lösung aufgebrochen werden.
Damit ein Unternehmen die Transformation zu einer datengetriebenen Organisation erfolgreich bewältigen kann, ist das Vertrauen in die erhobenen Daten zentral. Getreu dem alten Motto „garbage in, garbage out“, sind die über den Kunden gewonnenen Erkenntnisse nur so gut, wie es die Eingangsdaten und die zur Verarbeitung genutzten Prozesse sind. Insofern gilt es, die eigenen Daten kontinuierlich zu überprüfen. Hierzu können entweder unternehmensinterne Prozesse etabliert werden (z. B. Zurückspielen der Daten an die einzelnen Bereiche und Überprüfung durch die Fachabteilung) oder auch externe Akteure herangezogen werden (z. B. Branchenanalysten oder Datenwissenschaftler).
Um den Prozess der Transformation hin zu einem datengetriebenen Unternehmen zu unterstützen und die Motivation aufrecht zu erhalten, bietet sich die Planung und Umsetzung von kleinen und einfach zu realisierenden Projekten an: Anstatt den „großen Wurf“ zu versuchen, sollte mit kleineren Projekten gestartet werden. Konkret kann dazu z. B. eine Frage adressiert werden, die mit herkömmlichen Methoden bisher nicht beantwortet werden konnte. Werden die ersten konkreten Mehrwerte für die Bereiche und Abteilungen erzielt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der „Drive“ verloren geht. Im besten Fall wird dadurch „Lust auf mehr“ erzeugt.
Wie bei jeder anderen Strategie hängt auch der Erfolg einer Data-Driven Marketing-Strategie von einer Variation an Faktoren ab und der Wandel hin zu einer datengetriebenen Unternehmenskultur ist sowohl wichtig als auch komplex. Die oben genannten Faktoren sind nicht die einzigen, doch sie decken einen großen Teil der typischen Gründe für Erfolg und Misserfolg ab.
McKinsey. (2018). Why digital strategies fail | McKinsey. Abgerufen 22. Juni 2020, von https://www.mckinsey.com/business-functions/mckinsey-digital/our-insights/why-digital-strategies-fail
Rashedi, J. (In Veröffentlichung). Datengetriebenes Marketing: Wie Unternehmen Daten zur Skalierung ihres Geschäfts nutzen können. Wiesbaden: Springer Gabler. (Erscheinungsdatum September 2020, https://www.springer.com/de/book/9783658308414)