B2B verliert sein verstaubtes Image und ist im Wandel: Davon kann Romy Beer ein Lied singen. Die Marketingexpertin ist zu Gast im Podcast „My Data is better than Yours“ von Jonas Rashedi und gibt einen interessanten Einblick in ihren Alltag als Leitung des Digital Marketings beim Hidden Champion “Wegmann automotive“ nahe Würzburg. Seit 4 Jahren beschäftigt sie sich mit Daten und baut die Digitalisierung im Unternehmen auf. Zuvor war sie im B2C-Bereich, unter anderem für die Otto Group, tätig. Dann kam schließlich der Turn Around und Romy landete im Industrie-Business.
Nicht nur sie selbst sondern auch Jonas empfindet den Wechsel von B2C zu B2B als überaus spannend. Beide sind sich einig, dass die Innovationen in erster Linie aus dem B2C-Bereich kommen und B2B oft hinten nach hinkt. Alle Mitglieder von Romys Team kommen aus dem B2C-Bereich, hier wird antizipiert, was mitgenommen wurde. „Userinnen und User werden sich ähnlich verhalten“, so Romy. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Trends ebenso den B2B-Markt überschwemmen, jedoch ticken die Uhren in diesem Sektor langsamer.
Romy forciert Omni-Channel in ihrer Arbeit. Durch das Verknüpfen vieler Kanäle soll der Kundin bzw. dem Kunden an jedem Touchpoint ein gleiches Markenerlebnis ermöglicht werden. In der B2B-Welt ist diese Sichtweise noch neu: Viele kommen aus dem klassischen Handel. So ist man es gewöhnt, mit dem Großhandel auf Offline-Ebene zu handeln. Nun geht es darum, herauszufinden, wie diese Erfahrungen im Online-Bereich weitergeführt sowie genutzt werden können. Hier sind sie noch am Anfang und es muss noch viel Arbeit getan werden. Es geht aber voran, viele Touchpoints wurden bereits etabliert. Ein Beispiel dafür? Social Media. Lange gab es den Irrglauben, dass Social Media für B2B nichts ist. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Analysen haben gezeigt, dass die Entscheiderinnen und Entscheider genau dort anzutreffen sind. Indem man diese mit spannenden Themen und neuesten Produktlaunches anspricht, kann großer Erfolg erzielt werden. Aber auch dieser Bereich ist im B2C seit Jahren oder Jahrzehnter weitaus etablierter.
Als Romy ihre Arbeit begann, gab es keine Digitalisierung im Unternehmen. Der klassische Vertrieb lief offline. So musste also erst die nötige Infrastruktur geschaffen werden. Zuerst wurde online noch überhaupt nichts verkauft. Es ging vielmehr darum, die Basics aufzubauen. Jetzt ist das Unternehmen an einem Punkt, wo es in Richtung E-Commerce geht. Anfangen haben sie mit Marktplätzen wie Amazon und Ebay, um zu eruieren, was möglich ist. Am Anfang ist es ratsam, mit etablierten Anbieterinnen und Anbietern mit vorhandener Infrastruktur zu starten. So kamen Romy und ihr Team zur Erkenntnis, dass ihre Produkte sich auf den Marktplätzen gut verkaufen. Aktuell pirschen sie sich an Web Shops heran, hierbei gilt stets der „Trial and Error“-Leitsatz. Vieles läuft noch händisch oder manuell, Tools werden oft nur in geringem Maße genutzt. Der Prozess der Digitalisierung dauert seine Zeit, bereitet aber viel Spaß und ist natürlich äußerst gewinnbringend. „Es ist kein Sprint sondern ein Marathon“, so Romy.
Amazon & Co sind wichtige Lernanlässe, offerieren aber keine User- und Kundendaten. So war bald klar, dass es zur Emanzipation kommen muss. Da genügend Erkenntnisse gesammelt wurden und der Austausch mit den Sales-Kolleginnen und Kollegen gut funktionierte, konnten Learnings generiert werden. Somit können jetzt Kundendaten gesammelt werden und es ist möglich, im Online-Marketing voll durchzustarten.
Jonas merkt an, dass auch Douglas mit Industriepartnerinnen und Industriepartnern kooperiert. Auch Romy und ihr Team sprechen mit Marktplätzen, um an Daten zu kommen. Das alles aber nur in kleinem Maße. Es gibt noch wenige etablierte Partnerschaften. Sie spricht in diesem Kontext auch von der großen Herausforderung, Produktcontent von null an zu schreiben. Hier helfen Erfahrungen aus dem B2C-Bereich. Romy und ihr Team „spiegeln diese Erfahrung in die Welt hinein“.
Bis zum Ende dieses Jahres haben sich Romy und ihr Team ein wichtiges Ziel gesetzt. Sie wollen die richtigen Tools einsetzen und an Land ziehen, um die Daten der Webshops zu nutzen. Im Hinblick auf die nächsten zwei Jahre möchten sie den Omni-Channel-Ansatz realisieren und eine Customer Journey etablieren, die sowohl on- als auch offline smooth ist. Der Offline-Bereich ist im B2B-Marketing überaus etabliert. Romy sieht eine große Herausforderung: Diese Welt muss transferiert werden, die Vorteile der Offline-Welt müssen in die Online-Welt transferiert und somit beide Welten miteinander verbunden werden. Romy ist überzeugt, dass die zukünftigen Kunden Digital Natives sind und sie mit ihrem Konzept potentielle Kundinnen und Kunden abholen können.
Jonas spricht mit Romy über die verwendeten Tools. Klassische Tools für SEO sind durchaus etabliert. Was derzeit fehlt, sind Tools für das Campaigning. Vieles wird noch manuell, beispielsweise mit Excel, ausgewertet. Auch die Arbeit mit einem KPI-Dashboard schwebt im Raum, da alle Zahlen an einem Ort gebündelt werden sollen.
Zu Beginn starteten sie mit Google Analytics aufgrund der universellen Einsetzbarkeit. Auch das Thema Datenschutz ist derzeit in aller Munde. Die Frage, wie Besucherströme datenschutzkonform getrackt werden können, steht im Mittelpunkt. Aufgrund der ePrivacy-Verordnung ist vieles im Wandel. So ist man stets auf der Suche nach datenschutzkonformen Tools. Auch im B2B ist die Welt nicht einfacher geworden. Romy beschäftigt sich auch eingehend mit der DSGVO.
Jonas sieht in der kleineren Menge an Besucherinnen und Besuchern auch einen klaren Vorteil: Die Preise für Tools sind relativ gering. Auch Romy sieht das so. Die Budgets sind überschaubar, in einigen Jahren wird sich auch dies aber wahrscheinlich ändern, da das Handling immer aufwendiger wird.
Romy und ihr Team müssen zwangsweise Services von außen in Anspruch nehmen. Mit einem kleinen Team ist das anders nicht machbar. In diesem Zusammenhang plädiert Romy für „Hilfe zur Selbsthilfe“: Es wird versucht, die Lernkurve möglichst hoch zu halten um das Wissen intern aufzubauen, da dieses eine Tür für weitere Maßnahmen öffnet.
Das E-Commerce-Department ist von 4 auf 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen. Generalistinnen und Generalisten sowie Spezialistinnen und Spezialisten sind hier beschäftigt. Aus einem anfänglichen generalistischen Ansatz ergibt sich ein späteres Spezialistentum.
Für die Zukunft wünscht sich Romy vor allem, dass der Fortschritt nur mäßig Fahrt annimmt und eine Arbeit ohne großen Druck weiter ermöglicht wird. Sie wünscht sich gute und richtige Tools, die eine weiterhin gute Zusammenarbeit ermöglichen können. Ihr ist es ebenso wichtig, dass der offene Geist bestehen bleibt und neue Erkenntnisse zu einem großen Ganzen aggregiert werden können.
Romy ist im Normalfall erpicht darauf, nicht zu viele Daten rauszugeben. Privat vernachlässigt sie das aber teilweise und vergisst auch ab und an das ein oder andere Passwort. Sie ist aber auch der Meinung, dass Userinnen und User das ein oder andere Mal über ihren Schatten springen müssen, weil sonst nichts erwartet werden kann und man „nur Zuschauer bleibt“. Eine natürliche Skepsis gegenüber den Großen erachtet sie als sinnvoll.
Abschließend richtet Romy einen Appell an die Zuhörerinnen und Zuhörer: Die Industrie ist ein überaus attraktives Feld, in dem auch heute noch viel zu wenige Frauen beschäftigt sind. B2B ist ein überaus bereicherndes und spannendes Gebiet, in dem man viel lernen und verwirklichen kann.