Analytics und Reporting nicht mehr (nur) for the sake of insights, sondern für die Unterstützung von Entscheidungen – dafür plädiert Christopher Barth, der heutige Gast im Podcast “My Data is better than Yours” von Jonas Rashedi. Christopher und Jonas sprechen über datengetriebene Entscheidungsfindung, die die Zukunft vieler Branchen darstellt. Wie können Daten Entscheidungen bestmöglichst unterstützen? Ist Data ein Businesstreiber? Das alles und noch viel mehr klärt Jonas im Gespräch mit dem Verantwortlichen für Daten beim bekannten Modeunternehmen Hugo Boss.
Christopher Barth ist 40 Jahre alt und seit 5 Jahren bei Hugo Boss für alles, das mit Kundendaten zu tun hat zuständig. So ist er für das komplette Management der Kundendaten entlang der Wertschöpfungskette verantwortlich, im Kern geht es um die Personalisierung der Customer Experience. Außerdem beschäftigen ihn das Datenmanagement und die Advanced Analytics und Data Science Prozesse in Bereichen wie dem Merchandising, Design oder der Supply Chain. Anfänglich war er im Bereich des Sport Sponsorings tätig, betreute viele Jahre dann Fußballsponsoring, bis ihn schließlich sein Weg weiterführte.
Christopher unterstützt in seiner Arbeit unterschiedliche Bereiche wie Einkauf, die Allokation während der Saison in die unterschiedlichen Sales-Kanäle oder Vorhersageprozesse. Außerhalb des Sales-Bereich beschäftigen ihn beispielsweise Development Prozesse in Bezug auf Trend Detection oder Themen wie Lieferschwierigkeiten und Berechnungen. All das im Rahmen eines unternehmensweiten Data Science Programmes. Data Scientists und Business Analysts aus den unterschiedlichsten Fachbereichen werden so in ein virtuelles Team gebracht und bearbeiten dann Use Cases und erstellen neue analytische Modelle um das Unternehmen in Bezug auf Herausforderungen zu unterstützen. In diesem Programm werden bewusst alle Data Science Ressourcen gebündelt, alle arbeiten auf der gleichen Infrastruktur und stellen den Fachbereichen die Ergebnisse zur Verfügung. Diese arbeiten dann im Tagesgeschäft mit den jeweiligen Modellen.
Jonas lobt diese Art der Auseinandersetzung als überaus fortschrittlich und bestätigt, dass Daten als Businesstreiber fungieren. Christopher sieht das genauso und sieht die Vorzüge des Data Science Programmes darin, dass die virtuelle Teamstruktur zwar nicht jeden Fachbereich im Kern verstehen kann, sie jedoch weiß, wie sie verschiedene Anforderungen in den Use Cases übersetzen können. Dies stellt den Schwerpunkt der Arbeit dar.
Der Abstand zur Fachabteilung kann große Vorteile mit sich bringen. Schließlich, so Jonas, hilft es oft, „nicht zu tief mit in der Grube zu stehen, sondern vorbeilaufen zu können”. Durch den Data Science Use Case und die Automatisierung verlagert sich der Schwerpunkt. In einem manuellen Prozess, im Zuge dessen man sich nur eine Handvoll an Datenpunkten näher ansehen kann, entstehen andere Herausforderungen an die Präzision, als wenn man sich in der Breite Millionen von Datenpunkten ansehen kann. So verlagert sich der Schwerpunkt und Limitierungen entfallen. Oft bekommen Christopher und sein Team von Fachbereichen lange Listen an unterschiedlichen Use Cases. Ihre Aufgabe ist es, dies in eine Analytics-Strategie umzusetzen, und sich damit auseinanderzusetzen, welche fundamentalen Module in Bezug auf Data Science entscheidende Punkte sind. In anderen Worten: Es muss erkannt werden, welche Fundamente gelegt werden müssen.
Jonas berichtet vom Vorgehen bei Douglas. Es wurden unterschiedliche Datenquellen und Use Cases wie eine Customer Journey gebaut und Bubbles an eine Pinnwand gehängt. Anschließend wurde versucht, einen Durchstich zu machen (Wenn dieser Use Case gemacht wird, welche Daten muss ich dann umsetzen?). So wurde herausgefunden, dass bei vier der Use Cases die gleichen Daten benötigt wurden. Wenn also einmal die betreffenden Daten aufgeschlossen, modelliert und bereitgestellt werden, können so gleich vier Use Cases behandelt werden. Somit erhöht sich folglich auch die Schnelligkeit.
Bei Christopher besteht der Planungsprozess in Bezug auf die Entscheidungsfindung, welche Use Cases als nächstes behandelt werden sollen, aus drei Elementen. Zuerst wird versucht, im Rahmen der Wertschöpfung fachbereichsintern entlang des jeweiligen operativen Prozesses die Abhängigkeiten zu verstehen. Weiters wird aus Controlling-Sicht der zu erwartende Impact und Aufwand näher analysiert. Außerdem widmet man sich der Frage, was aus prozessualer Sicht wann und wie angegangen werden soll.
Dieses Vorgehen ist sehr fortschrittlich. Nicht alle Unternehmen sind schon so weit. Christopher merkt in diesem Kontext aber an, dass es auch bei ihnen noch einige Baustellen gibt. Sie beschäftigen sich seit etwa 3 Jahren strukturiert mit dieser Thematik. Zwei bis drei Fachbereiche sind schon etwas weiter, in vielen Bereichen sind sie aber entlang der Wertschöpfung noch am Anfang. Geholfen hat ihnen meist ein konkreter Business Need. Die Anzahl der verfügbaren Daten hat sich geändert und von der Seite der Unternehmensstrategie gibt es neue Anforderungen. Christopher will sich zuerst auf eine Handvoll an Top Use Cases konzentrieren und diese bis ins Detail aufbauen. Jonas bezeichnet diese als „Leuchtturmprojekte”, da diese Aufmerksamkeit für Datenthemen generieren.
Mittlerweile ist die Erkenntnis, dass Daten die Zukunft sind, fast überall angekommen, so Christopher. Sein Appell: Nicht Erkenntnisse generieren, die neu und spannend sind, sondern Entscheidungen unterstützen und sich lieber mit etwas weniger Aufmerksamkeit zufrieden geben und dafür einen wirklichen Impact erzeugen!
In diesem Zusammenhang spricht Jonas über die Arbeit an seinem zweiten Buch und zählt die vier Themen auf, die die Zusammenarbeit in Bezug auf Daten gut zusammenfassen. Zuallererst geht es um die Planung: den Aufbau und Ausbau des Verständnisses der Nutzerinnen und Nutzer, die Anforderung an die Daten, um welche Daten es eigentlich geht und welche Fragen damit beantwortet werden sollen. Dann geht es um die Schaffung von positiven Erfahrungen zu diesem Thema, den sogenannten „Leuchtturmprojekten”. Danach ums interne Marketing und die Kommunikation von Daten. Schlussendlich sodann um aktive in die Breite gehen.
Bei Hugo Boss werden den Stakeholdern der Fachbereiche Business Objects in Anwendung angeboten. Hierbei handelt es sich um eine mit über 600 Attributen in Bezug auf die Kundinnen und Kunden überaus große Auswahl. Eine große Anzahl hat Zugriff auf unterschiedliche Dashboards, in denen selbstständig gearbeitet werden kann. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies nur eine Handvoll intensiv nutzt, da diese eine hohe Komplexität aufweisen. Hier führt Jonas eine Analogie als Beispiel an. „Der Selfservice”, so der Datenexperte, „funktioniert wie ein Buffet”. Alles muss schön angerichtet sein und die Daten dürfen nicht zu vielfältig sein. Wird ein Buffet mit zu vielen Spezialitäten entwickelt, weiß keine und keiner mehr, wo es herkommt.
Hugo Boss integriert die Bewegungsdaten aus dem Web, Christopher ist hier bezüglich des Volumens noch nicht zufrieden. Im Web gibt es noch eine zu geringe Login-Rate, so wird versucht, mehr Anreize dafür zu schaffen. Mittlerweile besteht die Single Customer View über alle Kanäle hinweg, dies macht ein Stitching Ansatz möglich. Die Daten werden für die Entscheidungsprozesse aus unterschiedlichsten Systemen geholt, dies führt dazu, dass man an Performancegrenzen stößt. Dieser Ansatz wird laut Christopher nicht mehr lange funktionieren, es geht in Richtung CDP. DJonas wendet sich mit einer Frage an die Zuhörerinnen und Zuhörer: Gibt es jemanden, der CDP so etabliert hat, dass es mehr Use Cases bringt und es den Implementierungsaufwand rechtfertigt?
Auch im Vorstand ist das Interesse an Daten groß, so Christopher. Das ist überaus wichtig, da, so sieht es Jonas, datengetriebene Organisation top down funktionieren muss.
Die CDP steht bei Christopher ganz oben auf der Bucket List. Dies hat drei Gründe: Zum Einen hat es mit der Performance zu tun, da sie immer öfter an Limits geraten. Außerdem gibt es hohe dynamische Anforderungen an die unterschiedlichen Kombinationen von Einwilligungen (Stichwort Cookieless Future). Und es geht um die Zentralisierung der Business-Entscheidungen.
Christopher hat lange im Sportbereich gearbeitet und würde sich wünschen, irgendwann seine Leidenschaft dafür mit der Leidenschaft für Daten vereinen zu können. Privat beschäftigt er sich mit Daten im Sport, insbesondere im Fußball. Als Trainer einer Fußball-Jugendmannschaft versucht er, auch hier Daten für sich zu nutzen.