A„Teamwork makes the dream work“ – und das ist auch in der Welt der Daten der Fall: Durch die Zusammenarbeit zwischen Data-Expertinnen und Experten sowie Fachabteilungen wird der Fortschritt im Unternehmen größer. Genau darüber spricht Jonas Rashedi im Podcast „My Data is better than Yours“ mit seinem heutigen Gast Tiankai Feng, dem Analyst hinter der Erfolgsmarke Adidas.
Tiankai ist seit 4 Jahren als Director of Social PR und Voice of Consumer Analytics bei Adidas tätig. In seiner täglichen Arbeit beschäftigt er sich vor allem mit Social Media-, PR- sowie Konsumentenfeedback-Kanälen. Diese werden genauestens analysiert um sodann Empfehlungen geben zu können. Immer mit dem gleichen Ziel: Konsumentenzentrische Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise geht es darum, wie Ivy Park Collaborations wahrgenommen werden oder wie auf Instagram besser mit Pharell Williams kollaboriert werden kann. Ein ziemlich abwechslungsreiches Beschäftigungsfeld also. Konsumentenfeedback wird genauestens analysiert um zu ergründen, wie Adidas bestmöglich darauf reagieren kann.
Tiankai leitet ein Team von 6 Personen, es gibt jedoch auch eine Menge Dotted Lines auf dem Markt: Circa 10-12 arbeiten aus verschiedenen Ländern zu. Für die verschiedenen Datenquellen werden unterschiedliche Tools genutzt. Im Social Media-Bereich sind diese abhängig von legalen Limitationen. So müssen für Facebook & Co zahlreiche Regeln gemacht werden. Beispielsweise dürfen keine direkten Daten aus Instagram analysiert werden, hierfür müssen Third Party-Tools verwendet werden. So arbeiten Tiankai und sein Team mit einer großen Bandbreite an Tools: Verwendet werden Social Media-Tools, Social Listening-Tools, PR Scraping-Tools, Tools um das Suchverhalten strukturiert zu analysieren sowie Tools um die eigenen Social Media-Kanäle zu managen. So verteilen sich die Funktionalitäten über die verschiedenen Tools, aktuell werden 10-11 verwendet.
Bei der Frage, ob ein Best-of-Breed-Ansatz oder das Verheiraten der Daten vorgezogen wird, spielt die GDPR eine große Rolle. So dürfen sehr viele Konsumentendaten nicht intern abgespeichert werden. Es sei denn, es gibt ein offizielles OK von den Konsumentinnen und Konsumenten, was auf Social Media aber eher schwierig ist. So wird bei Adidas versucht, so viel wie möglich zu internalisieren und in Data Lakes abzubilden, um dann dort übergreifende Analysen zu machen. Das ist aber nur bedingt möglich.
Recht viel darf Tiankai zum Thema Data Lakes leider nicht verraten. Es sei so viel gesagt: Seit mehreren Jahren wird bei Adidas daran gearbeitet, wie große Data Lakes möglichst vielen Leuten zur Verfügung gestellt werden können. Dieses Thema war von Anfang an bei allen Analystinnen und Analysten äußerst beliebt. Es war nicht leicht, die Prozesse festzulegen, mittlerweile klappt dies aber gut. Es gibt festgelegte Partnerinnen und Partner, feste Verantwortlichkeiten und Teams.
Tiankai war schon immer ein Fan von Werbung und Storytelling. Schon in der Grundschule hat er Werbetexte zitiert und war außerdem sehr gut in Mathe. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Marketing und IT an der TU Berlin. Damals war das Thema Analytics noch nicht wirklich definiert, aber schon zu dieser Zeit erachtete Tiankai es als überaus spannend. Im Gegensatz zur traditionellen Marktforschung mit Umfragen kann man mit Daten, so Tiankai, „viel besser messen und sie zu Forschungszwecken nutzen“. Nach dem Studium hat er in China bei der Agentur TD Reply gearbeitet und kehrte nach vier Jahren zur Zentrale nach Berlin zurück.
Nach dem Studium hat er in China bei der Agentur TD Reply gearbeitet und kehrte nach vier Jahren zur Zentrale nach Berlin zurück.
Manch eine bzw. einer mag Tiankai wohl schon kennen: Auf YouTube erregte er mit seinem Song „Digital Analytics Anthem“ Ende 2019 Aufmerksamkeit. Hier kritisiert er, dass Analystinnen und Analysten oft nur nach Tabellen und Zahlen gefragt werden, es wird aber kaum hinterfragt, was diese eigentlich bedeuten. Aber genau darin liegt die Arbeit dieser Berufsgruppe: Daten werden gern gedeutet. Es soll nicht darum gehen, immer nur Dashboards zu bauen. Das Feedback auf den Song war überaus positiv. Viele Analystinnen und Analysten stimmen Tiankai zu und er empfindet den Austausch über dieses Thema als überaus positiv. Es geht darum, wie er es formuliert, „den Stereotypen vom Nerd an Excel-Tabellen wegzubekommen und uns mehr als Businessexperten zu sehen“. Weiters kritisiert er die Tatsache, dass viele die Analystinnen und Analysten lediglich als eine Art „Zahlenpolizei“ sehen. Auch Jonas sieht dies ähnlich. Ihm ist es wichtig, festzustellen, dass es nicht um eine Entmündigung geht. „Wir maßen uns nicht an, bessere Entscheidungen als das Business selbst zu treffen“, so der Experte. Jedoch kann auf Basis der Daten, die zur Verfügung gestellt werden, dabei geholfen werden, dass das Business besser läuft. Tiankai spricht auch darüber, dass es Personen gibt, die nicht an Daten glauben wollen und die äußerst misstrauisch diesbezüglich sind. So muss in diesen Fällen viel Geduld aufgebracht werden, wenn das Herausgefundene nicht zum Mindset dieser Personen passt.
Damit Unternehmen in Zukunft wettbewerbsfähig sind, müssen sie mit Daten arbeiten. Wenn das aber kein gemeinschaftliches Projekt ist, gibt es Probleme. Gerade durch die Pandemie, so Tiankai, ist das Thema noch größer geworden. Viele wurden zur digitalen Transformation gezwungen. Es gab eine Art Wake-Up Call. So wird mehr auf objektive Daten als auf subjektive Meinungen geachtet. Aber natürlich läuft nicht alles so gut. Jonas spricht von „Fire and Forget“: Häufig verlangt eine Fachseite Dashboards, wollen dann aber eigentlich nicht wirklich viel wissen. Das wird den Daten nicht gerecht, da sie eine Menge Möglichkeiten eröffnen.
Tiankai ist es aber auch wichtig, festzustellen, dass es auch viele Positivbeispiele gibt. Es hilft, offen und transparent über die Prozesse zu sprechen. Der Daten-Experte hat einige Beispiele für eine gute Zusammenarbeit mit der Fachseite. So erzählt er von der guten Zusammenarbeit mit Product Teams im Bereich Schuhe und Kleidungsstücke. Gemeinsam wurde früh festgestellt, dass Product Reviews eine gute Quelle sind, um zu verstehen, was die Leute mögen. Direkte Feedbackpunkte können gut umgesetzt werden. Gute Erfahrungen hat Tiankai auch mit der Kampagnenplanung gemacht.
Wenn Tiankai Ergebnisse in großer Runde präsentiert, zeigt er weniger Zahlen und mehr überraschende Fakten. Er ist sich sicher, dass es oft sinnvoller ist, nicht zu viel auf Graphen einzugehen und mehr Text und Bullet Points zu nennen. In diesem Zusammenhang nennt er seinen Slogan: „Weg von Data Driven und hin zu Insight Driven“. Das braucht Zeit und viele Gespräche.
Verschlafen viele Firmen das Thema Data? Tiankai ist der Meinung, dass viele wissen, dass Daten überaus wertvoll sind. Nur wissen viele nicht, wie damit umgegangen werden soll. Sie sind schier überwältigt von der Menge. Es fehlt an Kommunikation und Transparenz, es wird viel über das Konzeptuelle gesprochen aber wenig über die Prozesse und das Organisatorische. Daten als Wichtigkeit sind seiner Meinung nach schon etabliert, jetzt geht es um die Wertschöpfung.
Tiankai hat auch einen Tipp für die Zuhörerinnen und Zuhörer: Er rät dazu, Klartext zu reden und offen zu kommunizieren. Wird das nächste Mal nach einem Dashboard gefragt, soll gemeinsam mit der Fachabteilung eruiert werden, was eigentlich erreicht werden soll.
Auch privat beschäftigt sich Tiankai mit Daten. Er schaut gerne Serien und Filme und analysiert die Inhalte auf IMDb und Rotten Tomatoes. Außerdem interessiert ihn die Entwicklung von Musik-Charts.