Viele Unternehmen bauen aktuell ihre Data- und Marketingbereiche aus, um der steigenden Bedeutung von Daten Rechnung zu tragen: Denn viele Entscheidungen im Marketing-Bereich sind ohne Daten nicht fundiert zu treffen. Doch welche Fähigkeiten sollten in deinem Data- und Marketing-Team vorhanden sein? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die meiner Erfahrung nach wichtigsten Kompetenzen und Fähigkeiten.
Eine erste Fähigkeit ist der Umgang mit Daten. Doch was bedeutet das genau? Diese Frage können wir aus mehreren Perspektiven betrachten. Denken wir an den in meinem Buch „Datengetriebenes Marketing – Wie Unternehmen Daten zur Skalierung ihres Geschäfts nutzen können“ vorgestellten Prozess zur Operationalisierung eines datengetriebenen Marketings, so sollte das Team in der Lage sein, (1) die zur Verfügung stehenden Datenquellen zu identifizieren und die entstehenden Daten zu sammeln, (2) die Daten zu verstehen, (3) datenbasierte Entscheidungen zu treffen oder aber die Daten so aufzubereiten, dass datenfundierte Entscheidungen von einem Dritten getroffen werden können sowie (4) die Prozesse durch den Einsatz unterschiedlicher Technologien zu automatisieren und zu professionalisieren sowie (5) im Rahmen der Umsetzung durch ständiges Lernen zu verbessern.
Hinter diesen fünf Schritten verbirgt sich eine ganze Reihe von Fähigkeiten. So erfordert bspw. die Aufbereitung von Daten zur Entscheidungsfindung (Schritt 3) die Fähigkeit, mit Daten eine gut strukturierte und in sich konsistente „Geschichte“ zu erzählen, die dem Entscheider deutlich macht, warum Daten eine bestimmte Entscheidung nahe legen. Das Verstehen der Daten (Schritt 2) erfordert eine Kenntnis bzw. eine Erarbeitung von Zusammenhängen: Wie kommt diese Kennzahl zu Stande? Von welchen Treibern wird diese Kennzahl beeinflusst? Was muss ich tun, um die Kennzahl im Sinne der Zielsetzung zu beeinflussen? Durch den gesamten Prozess zieht sich die Arbeit mit Tools sowie die Durchführung spezifischer Analysen und das Verfassen von Reportings:
Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen, z. B. um die Durchführung von Wettbewerbsanalysen, das Reengineering gegnerischer Strategien auf der Basis von Daten oder die Entscheidung über die Verteilung des Budgets auf die einzelnen Marketingkanäle.
Im vorangegangenen Abschnitt über die analytischen Fähigkeiten nutzte ich fünf Mal die Begriffe „Analyse“ bzw. „analysieren“. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf eine zweite benötigte Fähigkeit im Data- und Marketing-Team. Dabei ist es unerheblich, welche Tätigkeit die Person im Team genau ausübt: Auch die eher kreativen Team-Mitglieder mit marketingbezogenen Fähigkeiten benötigen meiner Meinung nach deutlich ausgeprägte analytische Eigenschaften. Doch was meine ich damit genau? Analytische Fähigkeiten sind aus zwei Blickwinkeln zu betrachten. Zum einen bezieht sich die Fähigkeit zum Analysieren auf die Fähigkeit, ein Problem zu erkennen und sowohl eigenständig als auch strukturiert lösen zu können. Die Problemlösung umfasst dabei das Zerlegen des Problems in einzelne Bestandteile, das Finden von Lösungen für diese Teilprobleme sowie die Zusammenführung der Teillösungen zu einer Gesamtlösung. Soweit die blanke Theorie. Was bedeutet dies aber nun konkret für den Marketer? Der Marketer muss letztendlich Ansatzpunkte identifizieren, die tiefergehende Analysen erforderlich machen oder sinnvoll erscheinen lassen: eine aus seiner Sicht verbesserungswürdige Conversion-Kennzahl, Ungereimtheiten in einer Auswertung oder die Verschlechterung einer KPI im Vergleich zum Vorjahr oder Vormonat. In der Folge gilt es mögliche Ursachen zu identifizieren und auf den Grund zu gehen, welche Entwicklung für das beobachtbare Phänomen ursächlich verantwortlich sind. Nach einer Analyse der möglichen Ursachen sollte der Marketer in der Lage sein, eine Gesamtlösung zu erarbeiten.
Dies ist die klassische Betrachtung der Analyse, die jedoch ein Problem in sich trägt und sich durch die Aussage „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ auf den Punkt bringen lässt: Durch das Zerlegen eines Problems in seine Komponenten sowie das Finden und das Zusammenführen von Teillösungen wird nicht zwangsläufig die beste Lösungen gefunden. Letztendlich werden mit dieser Vorgehensweise nur lokale Optima geschaffen, die in ihrer Summe aber nicht dem Gesamt-Optimum entsprechen müssen. Zugegeben, sehr abstrakt, aber ich mache diesen wichtigen Sachverhalt an einem einfachen Beispiel aus dem Marketing deutlich: Der Marketer kann versuchen die einzelnen Kanäle zum Kunden isoliert zu betrachten und jeden Kanal so gut wie möglich zu optimieren. Das klappt auch bis zu einem gewissen Grad. Viel Potenzial kann aber erst dann realisiert werden, wenn die Zusammenhänge und das Wechselspiel zwischen den Kanälen betrachtet wird. Insofern ist es fatal, einen Kanal, der zwar Geld kostet, aber nur wenige Conversions bringt, ohne Betrachtung des Gesamtzusammenhanges zu „töten“. Denn unter Umständen ist es genau dieser Kanal, der die potenziellen Kunden auf einen anderen Kanal aufmerksam macht, über den dann die Conversions erfolgen. Diese (gegenseitigen) Abhängigkeiten finden sich nicht nur im Kontext unterschiedlicher Kanäle, sondern beispielsweise auch im Zusammenhang mit Produktkategorien (Produkt A wird nur gekauft, weil auch Produkt B verfügbar ist).
Zusammenfassend können wir also festhalten: Analytische Fähigkeiten für den Marketer bedeuten einerseits, sich eingehend mit einzelnen Problemen auseinandersetzen zu können und zu wollen sowie die Hartnäckigkeit zu besitzen und Spaß daran zu haben, Lösungen für die identifizierten Probleme finden zu finden. Andererseits heißt analytische Kompetenz aber auch zu erkennen, dass folgende Fragen gestellt werden müssen: „Womit hängt A zusammen?“, „Wenn ich an A drehe, welchen Einfluss hat das auf B und C?“ oder „Welcher andere Bereich könnte möglicherweise betroffen sein, wenn ich an D drehe?“. Analytische Fähigkeit heißt also auch, über das einzelne Problem und/ oder den eigenen Bereich hinausblicken zu können.
Auch die technologiebezogenen Fähigkeiten eines Marketers sind in zwei Dimensionen zu betrachten. Die erste Dimension bezieht sich auf die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und folgende zwei Fragen zu beantworten: (1) Wird die neue Technologie das Kundenverhalten bzw. die Kundenreise verändern und falls ja, was bedeutet das für mich als Marketer sowie 2) welche Potenziale bietet die neue Technologie für das Sammeln und Auswerten von Daten?
Die zweite Dimension ist deutlich konkreter und befasst sich mit dem Einsatz neuer Technologien im Marketing-Bereich. Größten Einfluss hat hier meiner Ansicht nach aktuell die künstliche Intelligenz. Denn nur durch sie wird der Marketer in die Lage versetzt, das weiter zunehmende Datenvolumen analysieren und vor allem aktivieren zu können. Auch Echtzeitanalysen und die daraus resultierenden, sofort umzusetzenden Erkenntnisse sind ohne die Hilfe einer KI nicht mehr zu bewerkstelligen. Zudem werden die KIs immer „schlauer“, sodass sie in zunehmendem Maße wertvolle Insights liefern können. Insofern sollte der Marketer wissen, wie eine KI einzusetzen ist und bei welchen Aufgaben sie für sein Unternehmen den höchsten Mehrwert liefern kann. Andererseits muss er aber auch sehr genau wissen, wo die Grenzen der KI liegen und welche Aufgaben nach wie vor vom Menschen übernommen werden müssen.
„Ich bin kreativ, belastbar, flexibel … und natürlich teamfähig“ – der Klassiker unter den Eigenschaften eines neuen Mitarbeiters. Doch wie lässt sich die Teamfähigkeit für ein Marketing-Team fassen? Teamfähig zu sein bedeutet zum einen, eine gemeinsame Sprache im Hinblick auf Metriken und andere Sachverhalte zu erlernen und zu nutzen. Es muss jedem im Team klar sein, was unter der Metrik X zu verstehen ist. Teamfähigkeit bedeutet zum anderen, zu erkennen, wann ich mit anderen Team-Mitgliedern zusammenarbeiten muss. Deutlich wurde dies bereits im Kontext von Wechselwirkungen zwischen Kanälen unter dem Punkt „analytische Fähigkeiten“.
Die angeführten Fähigkeiten sind sicherlich nicht als umfassend zu betrachten. Thematisiert habe ich an dieser Stelle nur die methodischen und die sozialen Kompetenzen, nicht aber die fachlichen Kompetenzen, diese werden natürlich auch benötigt (z. B. betriebswirtschaftliches Wissen, Wissen im Bereich Online Marketing im Allgemeinen oder spezifisches Wissen wie z. B. SEA). Weiterhin schadet es nicht, wenn auch der Marketer zumindest rudimentäre Kenntnisse im Bereich Programmierung besitzt, da viele datenbezogenen Themen (z. B. im Bereich SEO) nicht mehr ohne Programmierwissen nachvollzogen werden können.
Quellen:
absatzwirtschaft. (2019). Marketing-Job der Zukunft: Zwischen Datenakrobat und Kundenliebhaber. https://www.absatzwirtschaft.de/marketing-job-der-zukunft-zwischen-datenakrobat-und-kundenliebhaber-153391/
Boogard, K. (2019). Die 5 wichtigsten Fertigkeiten, um einen Marketer noch marktfähiger zu machen. https://www.wrike.com/de/blog/die-5-wichtigsten-fertigkeiten-um-einen-marketer-noch-marktfaehiger-zu-machen/
SmartInsights. (2019). What are the most important skills marketers need to develop? Smart Insights. https://www.smartinsights.com/digital-marketing-strategy/important-skills-marketers-develop/